Was bedeutet “She Moves Us” für Sie persönlich? Wer hat Sie dazu inspiriert, in Ihrer Karriere voranzukommen?

TaniaEs gibt so viele Faktoren. Die Familie spielt eine große Rolle, aber auch das Beobachten anderer Frauen, die in dem, was sie lieben, erfolgreich sind. In meiner eigenen Familie kann ich mich an meiner Mutter orientieren. Sie hat mich sehr dazu inspiriert, meine Träume zu verfolgen. Sie hat während ihres Studiums Sport getrieben. Zu Beginn meiner Karriere ging es mir vor allem darum, Turniere zu gewinnen oder Großmeisterin zu werden. Jetzt geht es mir viel mehr um meine Leidenschaft für das Spiel und die Tatsache, dass ich es liebe. Ich glaube, das ist es, was mich am meisten antreibt.

 

Haben Sie sich persönlich oder beruflich von anderen Frauen inspirieren lassen?

TaniaIch denke, es gibt so viele legendäre Frauen auf der Welt, die die Messlatte höher gelegt und gezeigt haben, dass es in Ordnung ist, Konventionen und Normen zu brechen. Und ja, es ist nicht einfach und es ist schwer, aber es ist auch irgendwie lohnend. Wenn ich ganz ehrlich bin, hat das viel mit meiner Einstellung zum Spiel zu tun, die mich antreibt. Was Frauen angeht, weiß ich nicht, ob ich Idole habe oder zu jemandem aufschaue, den ich so sehr bewundere. Wenn ich Frauen in meinem persönlichen Umfeld sehe, die das tun, was sie antreibt, habe ich das Gefühl, dass ich das auch kann. Und dann gibt es so viele berühmte Menschen auf der Welt, die das geschafft haben. Sei es im Sport oder in anderen Branchen, die einen ebenfalls inspirieren. Ein Beispiel aus Indien, das mir einfällt, ist Priyanka Chopra. Sie ist jemand, der meiner Meinung nach etwas erreicht hat, was nicht viele Frauen in ihrem Bereich geschafft haben. Im Sport gibt es auch Mary Kom aus Indien. Aber letztendlich hängt es meiner Meinung nach einfach davon ab, wie viel Spaß mir das Schachspielen macht.

Was ist eine Sache, die Sie heute über Frauen und eine erfolgreiche Karriere wissen und die Sie gerne schon früher in Ihrer Karriere gewusst hätten?

Tania: Diese Dinge kommen immer mit der Erfahrung. Man lernt einfach so viel im Sport und auf seinem Weg. Was mir sofort in den Sinn kommt, ist, dass es während des Erwachsenwerdens so viele Normen und Strukturen gibt, wie man sein muss und wie man seine Karriere gestalten muss, insbesondere als Frau und auch in dem Teil der Welt, aus dem ich komme. Es gibt all diese sehr strukturierten Vorstellungen davon, wie man sein und wie man in seinem Leben und auf dem eingeschlagenen Weg vorankommen soll. Und ich glaube, was ich dabei gelernt habe, ist, dass man nicht den Erwartungen anderer gerecht werden muss. Ich glaube, man muss Dinge tun, die die eigenen Erwartungen übertreffen, um sich eine Welt aufzubauen, auf die man stolz sein kann. Das ist das Einzige, wofür man selbst verantwortlich ist.

 

Mussten Sie zu einem bestimmten Zeitpunkt Ihrer Karriere Opfer bringen?

TaniaDiese Frage wird mir oft gestellt. In gewisser Weise hatte ich keine normale Kindheit. Wenn man aufwächst, trifft man andere Entscheidungen. Man arbeitet in jungen Jahren viel härter. Man macht nicht die Dinge, die alle anderen um einen herum machen. Aber ich sehe mich nicht als Opfer. Ich glaube, während ich diesen Prozess durchlief, war es schwieriger. Aber wenn ich zurückblicke, empfinde ich es nicht als Opfer. Es fühlt sich wie ein Geschenk an. Ich kann etwas tun, das ich liebe.

 

 

 

 

Wie würden Sie eine “starke” Frau beschreiben?

TaniaIch würde sagen, eine starke Frau ist jemand, der vollkommen an sich glaubt. Egal, wie viele Menschen sie in Frage stellen, wie viele Menschen versuchen, sie in Selbstzweifel zu stürzen. Unabhängig von den Umständen glaubt sie fest an sich selbst und ihre Ziele. Und sie ist in der Lage, Herausforderungen anzunehmen, egal ob sie von außen oder von innen kommen, um das Leben zu leben, das sie sich wünscht.

 

Wie bleibt man sich selbst treu, wenn man Schwierigkeiten durchlebt? Wie überwindet man Hindernisse?

TaniaEs passiert jedem. Und ich denke, egal welchen Karriereweg man einschlägt, es gibt immer wieder Momente, in denen man sich selbst nicht sicher ist. Selbstzweifel kommen vor. Ich denke, das liegt einfach in der Natur des Menschen. Es hat nicht viel damit zu tun, ob ich Schachspieler oder Kommentator bin. Es geht einfach darum, eine sehr starke Bindung zu dem zu haben, was man tut. Und es ist wirklich eine Leidenschaft, die von innen kommt. Und ich glaube, man muss daran glauben, dass es einen glücklich macht, dass es das Leben bereichert. Das habe ich versucht, mir in solchen Momenten vor Augen zu halten. Und natürlich hilft es sehr, ein starkes Unterstützungssystem zu haben, Menschen, die an einen glauben, wenn es einem selbst schwerfällt, an sich zu glauben.

 

Was würdest du jungen Frauen sagen, die gerade dabei sind, ihre Träume zu verwirklichen? Was möchtest du ihnen mit auf den Weg geben?

TaniaWeitermachen. Wenn ich mit meinem jüngeren Ich sprechen könnte, würde ich sie wahrscheinlich umarmen und ihr sagen, dass selbst in den schwierigsten Zeiten alles gut wird und sie einfach weitermachen soll. Menschen, die eine Leidenschaft für etwas haben, das nicht den gesellschaftlichen Normen entspricht, würde ich Folgendes sagen: Geht den Weg, der euch glücklich macht. Macht einfach weiter und glaubt an euch selbst. Es wird schwer werden. Es wird definitiv schwer werden. Es wird nicht einfach sein, aber am Ende wird es sich lohnen.

 

Die Königin ist die stärkste Figur auf dem Schachbrett. Aber haben Frauen im Vergleich zum wirklichen Leben wirklich die gleiche Macht?

TaniaIch wünschte, das wäre so. Ich finde, das ist eine großartige Metapher. Ich glaube nicht, dass es hier um Machtverhältnisse geht, ob Mann oder Frau, und dass einer stärker ist als der andere. Ich persönlich glaube nicht daran. Auf dem Schachbrett ist die Königin eine sehr mächtige Figur. Aber genau deshalb ist es auch so schwer, sie vor dem Verlust zu bewahren, und es gibt viele Inszenierungen um sie herum. Es geht darum, diese Balance zu finden. Ich glaube nicht so sehr an die Machtdynamik im wirklichen Leben, dass einer stärker sein muss als der andere. Ich denke, man muss die Grenzen verwischen und sie nicht noch weiter ziehen. Auf dem Schachbrett ist die Königin definitiv mächtiger als der König.

 

Sie haben an der “Powerless Queen Challenge” teilgenommen, bei der die Teilnehmer aufgefordert werden, Schach mit einer unbeweglichen Königin zu spielen. Was tun Sie noch, um die „männlichen Standards“ im Schach in Frage zu stellen?

Tania: Mein Ziel ist es nicht, den männlichen Standard in Frage zu stellen. Ich glaube, dass es in meiner Erziehung nie darum ging, eine starke Schachspielerin zu sein oder diese Dynamik in Frage zu stellen. Es ging immer darum, die beste Version meiner selbst und die beste Spielerin zu sein. Ich repräsentiere mein Land, um darin die Beste zu sein, und ich lerne auch viel aus diesem Sport, der uns Ethik lehrt. Es gibt bestimmte Verhaltensweisen, die die Menschen um uns herum von uns erwarten. Das kann aus dem Patriarchat stammen, aus verschiedenen kulturellen Überzeugungen und Systemen, dass Frauen sich auf eine bestimmte Art und Weise verhalten oder eine bestimmte Karriere einschlagen sollten. Für mich war es nie eine Frage, das in Frage zu stellen. Ich hoffe, dass ich die Dinge tun kann, die ich liebe, und auch zeigen kann, dass es in Ordnung ist, diese Normen zu brechen, und dass man seine eigenen Entscheidungen über sein Leben treffen kann. In diesem Prozess, sei es durch die Vertretung Indiens auf der ganzen Welt, durch das Spielen oder durch das Verfassen von Kommentaren, hoffe ich, dass ich diese Botschaft auf positive Weise vermitteln kann und keine weiteren Grenzen schaffe, sondern vielmehr die Geschlechtergrenzen verwische.